Schalast | Neue Refinanzierungsmodelle
Für unsere FinTech-Mandanten, aber auch für die Fronting-Banken entscheidend ist die Refinanzierung ihrer jeweiligen Aktivitäten. FinTechs refinanzieren ihre jeweiligen Geschäftsmodelle oft über eine Fronting-Bank, die sich häufig über eine Zweckgesellschaft (SPV) refinanziert. Hierbei ist die Refinanzierung keine abstrakte, vom eigentlichen Geschäftsmodell getrennte Frage. Denn einige FinTechs ermöglichen es beispielsweise einer Vielzahl von Investoren, sich zu beteiligen (Crowdfunding), und refinanzieren sich oder die jeweilige Zweckgesellschaft dadurch.
In rechtlicher Hinsicht und abhängig von der konkreten Struktur kann die Refinanzierung entweder durch die „echte“ Übertragung der Forderungen oder Vertragsverhältnisse erfolgen (True Sale) oder durch die Übertragung des wirtschaftlichen Risikos (Structured) erfolgen. Eine True Sale-Übertragung kann durch Forderungsabtretungen oder Vertragsübernahmen – oder durch eine Kombination hieraus – erfolgen. Je nach Geschäftsmodell können Rahmenverträge für die laufende Übertragung geschlossen (Factoring) oder die Übertragung auf Einzelfallbasis vorgesehen werden.
Bei der rechtlichen Strukturierung der Forderungsketten stellen sich insolvenzrechtliche sowie regulatorische Fragen. Hierbei gilt es zum einen, stets im Blick zu behalten, wer zu welchem Zeitpunkt das wirtschaftliche Risiko trägt. Zum anderen ist der Zahlungsstrom so zu strukturieren, dass zu keinem Zeitpunkt Gelder ohne die entsprechende Erlaubnis gehalten oder bewegt werden. Einige FinTechs arbeiten aus diesem Grund mit einem Zahlungsdienstleister zusammen, und die in der Struktur fließenden Gelder werden häufig als E-Geld ausgestaltet. Schließlich ist die Strukturdokumentation so zu gestalten, dass zwischen den Beteiligten (FinTech, Fronting-Bank, Zweckgesellschaft und ggfs. weitere Beteiligte) für jeden Zeitpunkt klar geregelt ist, wer wann welche, insbesondere erlaubnispflichtige, Handlungen vornimmt.
Eine besondere Herausforderung bei der Strukturierung von Abtretungs- und Vertragsübernahmemodellen ist – falls die zugrundeliegenden Forderungen besichert sind – die Übertragung der Sicherheiten. Dabei gilt es, sicherzustellen, dass die für die jeweilige Forderung bestellte Sicherheit im Verwertungsfalle (Default Event) vom „richtigen“ Sicherheitengläubiger auch tatsächlich verwertet werden kann.
Wir erweitern mit jeder FinTech-Kooperation unseren Werkzeugkasten um neue Instrumente und entwickeln die unterschiedlichen Gestaltungen kontinuierlich weiter. Dabei haben wir die Erfahrung gemacht, dass keine Struktur wie die andere ist. Das macht es für uns spannend – und unseren Mandanten können wir dadurch individuelle, auf sie zugeschnittene Modelle anbieten.
Während in der Vergangenheit bei den Kreditplattformen Banken noch das sog. Fronting übernommen haben, übernehmen zwischenzeitlich zunehmend sog. Debt-Fonds diese Funktion, nachdem ihnen regulatorisch nicht nur der Ankauf, sondern auch die Möglichkeit der Kreditvergabe selbst eröffnet wurde. Aber auch auf der Investorenseite agieren solche Debt-Fonds und leisten so einen erheblichen Beitrag zur Transformation der Kreditfinanzierung aus der sich auf Grund des regulatorischen Korsetts zumindest in manchen Marktsegmenten traditionelle Banken zurückgezogen haben.
Seit dem Fondsstandortgesetz sind Kryptowerte auch zulässige Vermögensgegenstände für Investmentvermögen, so dass nunmehr der Zugang zu diesen nicht mehr allein über die technischen Plattformen der einzelnen Anbieter, sondern auch über die etablierten Anlagestrukturen besteht. Mit diesem Schritt der Professionalisierung dieses Marktes digitaler Vermögensgegenstände steht als nächster zu erwarten, dass auch der Derivatemarkt entsprechende Produkte auflegen wird, sei es zur Absicherung der Risiken, sei es in Referenzierung auf einzelne oder Gruppen von Vermögensgegenständen. Insgesamt würde dies mehr Liquidität und Stabilität in diese Asset-Klasse Kryptowerte bringen, so dass etwa die Marktdominanz einzelner nicht zu erratischen Kursänderungen führt wie dies beispielsweise durch Äußerungen von Elon Musk über den Kauf oder die Nachhaltigkeit von Bitcoin ausgelöst wurden.
Im Übrigen führt die gegenwärtige Niedrigzinsphase auf der Refinanzierungsseite von Krediten und anderen Forderungen zu einer stärkeren Ausdifferenzierung zwischen Liquiditätsprovidern einerseits und Risikoprovidern andererseits: Während bislang etwa in Form einer Credit linked Note noch beide Elemente miteinander verwoben sind, werden künftig verstärkt Liquiditätsgeber und Sicherungsgeber getrennt agieren, insbesondere dann wenn hierdurch eine regulatorische Arbitrage möglich wird oder auf Sicherungsgeberseite zur weiteren Hebelung ihres Kapitals oder aufgrund unterschiedlichen Risikoappetits die Risiken ebenfalls weiter tranchiert werden sollen.
Unabhängig von neuen Refinanzierungsmodellen refinanzieren sich FinTechs häufig auch über klassische Verbriefungsstrukturen, bei denen Forderungen an eine Verbriefungszweckgesellschaft verkauft und übertragen werden. Die Verbriefungszweckgesellschaft finanziert den Erwerb der Forderungen durch die Ausgabe von Wertpapieren (i.d.R. Inhaberschuldverschreibungen) oder die Aufnahme von Schuldscheindarlehen.