Schalast | Vertragsgestaltung
Die technischen und inhaltlichen Besonderheiten von KI-Technologien und der daraus resultierenden KI-Anwendungen haben Auswirkungen auf die rechtliche Gestaltung der Vertriebs- und Nutzungsverträge für KI-Plattformen und -Anwendungen.
Vertragsgestaltung für KI-Services
Die Gestaltung von Nutzungsverträgen für KI-Plattformen und -Anwendungen folgt tendenziell den z. B. für Online-Plattformen und Big Data-Anwendungen bewährten Grundsätzen, jedoch mit sorgfältigem Blick auf die Besonderheiten der jeweiligen KI-Technologie. Je nach Art und (Leistungs-) Gegenstand der KI-Anwendung kann z. B. eine präzise Beschreibung der erlaubten Nutzungshandlungen sowie deren Grenzen erforderlich sein. Dies kann ebenso mit Blick auf etwaiges Missbrauchspotenzial der KI-Anwendung, als auch im Rahmen der KI-Nutzung vorhandener Haftungsrisiken nötig sein. Insofern kann aus Sicht des Betreibers bereits an dieser Stelle eine hochwertige Vertragsgestaltung haftungsreduzierend wirken.
Soweit die KI-Anwendung konkrete Ergebnisse erzeugen kann („Output“), z. B. Texte, grafische Darstellungen oder Bildnisse, bedarf es ggf. einer Regelung der Nutzungsrechte an diesen Ergebnissen. Je werthaltiger der Output der KI-Anwendungen wird, umso wichtiger wird die interessengerechte Regelung dieser Thematik für Anbieter und Nutzer der KI-Anwendung.
Im Rahmen der KI-Nutzung erhält der Betreiber der KI-Anwendung häufig Daten und Informationen über das Nutzerverhalten. Zudem verarbeitet er ggf. den durch den Nutzer an die KI eingespeisten Input. Auch die Verwendung dieser Daten und Informationen kann auf Vertragsebene regelungsbedürftig sein. Denn auf der einen Seite hat der KI-Betreiber in der Regel ein erhebliches Interesse (oder gar das zwingende Bedürfnis) an einer solchen Verwendung – z. B. für die Optimierung und Fortentwicklung seiner KI-Anwendung. Auf der anderen Seite muss sichergestellt werden, dass die Anwenderunternehmen durch die (wenngleich Anbieter-interne) Verwendung der Daten und Informationen keine Benachteiligung erfahren.
Bei der Gestaltung der Vertragsbedingungen für KI-Anwendungen sind im deutschen Rechtsraum die gesetzlich festgelegten Grenzen zu beachten. Um einen häufigen Änderungsbedarf der Vertragsdokumente zu vermeiden, sollten zudem herannahende Gesetzesvorhaben frühzeitig berücksichtigt werden.
Für Anbieter und Betreiber von KI-Anwendungen kann die umsichtige Gestaltung der zum Betrieb und Vertrieb benötigten Vertragsdokumente ein wesentlicher Schlüssel zum Markterfolg der KI-Anwendungen sein.
Vertragsabschlüsse durch die KI?
Vertragsabschlüsse via E-Mail oder innerhalb von Onlineplattformen sind seit Langem üblich. Derartige Erklärungen werden aber immer von Menschen abgegeben – mit Wirkung entweder für sich selbst oder für das betreffende Unternehmen. Dasselbe gilt für sogenannte automatisierte Willenserklärungen: Übermittelt z. B. ein Online-Shop an den Besteller „automatisch“ eine E-Mail mit einer Bestellannahme, dann wird diese Erklärung durch das System zwar selbstständig generiert und übermittelt. Dies erfolgt jedoch exakt anhand der programmierten und dem System damit vorgegebenen Parameter – und damit letztlich wieder durch einen Menschen. Auch solche automatisierten Willenserklärungen sind in der Regel rechtsverbindlich.
Im „Zeitalter der KI“ erscheint es aber zunehmend als denkbar, dass auf Vertragsabschlüsse gerichtete Erklärungen auf Basis eines autonom ablaufenden Entscheidungsprozesses durch die KI abgegeben werden – und damit durch die Maschine, ohne dass dies durch einen Menschen mittels der Programmierung direkt vorgegeben wurde.
Die Frage, inwieweit solche „Maschinenerklärungen“ noch einem Rechtssubjekt zugerechnet werden können, also einem Menschen oder einem Unternehmen, hat auf die Gestaltung und Nutzung von KI-Anwendungen zunehmend Auswirkungen.
- Darf die KI – und in welchem Ausmaß – „autonom“ rechtserhebliche Erklärungen abgeben, also z. B. Angebote unterbreiten oder annehmen?
- Wer ist verantwortlich für autonome Erklärungen, wenn diese zu einem unerwünschten („fehlerhaften“) Resultat führen?
- Wem ist eine „Maschinenerklärung“ der KI verbindlich zuzurechnen?
- Und wie lässt sich die Abgabe einer rechtserheblichen Maschinenerklärung rechtssicher dokumentieren und nachweisen?
Entwickler und Anbieter entsprechender KI-Anwendungen sollten derartige Fragen möglichst bereits in der Phase der Produktentwicklung stellen – und bei Bedarf einer gestalterischen Lösung zuführen. Etwaige aus der „digitalen Kommunikation“ der KI resultierende Verantwortungsthematiken und Haftungsrisiken müssen erkannt und konzeptionell berücksichtigt werden. Dies kann z. B. zu dem Bedürfnis führen, die Kommunikation der KI zu kontrollieren oder zu beeinflussen – oder dem KI-Anwender hierzu innerhalb des KI-Systems Möglichkeiten zu eröffnen. Insbesondere risikobehaftete Kommunikationsvorgänge der KI-Anwendung müssen ggf. steuerbar und für Nachweiszwecke archivierbar sein.
Wo KI-Anwendungen mit Geschäftspartnern kommunizieren, können sich zudem Regelungen auf vertraglicher Ebene anbieten. So kann etwa der Anwender eines KI-Systems mit seinen Vertragspartnern (z. B. dem Lieferanten) vertraglich festlegen, unter welchen Voraussetzungen eine durch die KI abgegebene „Erklärung“ zwischen den Parteien als rechtsverbindlich anerkannt wird.
Insgesamt kommen einige Gestaltungs- und Lösungsmöglichkeiten in Betracht – die in der Praxis bisher allerdings noch zu wenig genutzt werden. Hier bietet sich für Hersteller und Anwenderunternehmen für zukünftige KI-Anwendungen mithin noch Optimierungspotenzial.